Heraldischer Verein "Zum Kleeblatt"

Vereinsgeschichte

 

 

 

    Burgsaal mit alten Wappen von 1360

Vorgeschichte

Im 19. Jahrhundert begann das Interesse an der Wappenkunde in Deutschland neu aufzuleben. So bemühte sich nach 1850 der aus dem Raum um Hannover stammende Geheimrat Friedrich Warnecke intensiv um die Schaffung einer Institution, die sich mit der in Vergessenheit geratenen Heraldik beschäftigen sollte.

Hierzu sollte es in Hannover jedoch vorerst nicht kommen. Warnecke ging als Beamter des 1866 annektierten Königreichs Hannover in den preußischen Staatsdienst nach Berlin und gründete dort im Jahr 1869 den heraldischen Verein „Herold“. In Hannover verblieb jedoch ein Kreis von Heraldikern. Die Verbindung mit Geheimrat Warnecke blieb erhalten und gemeinsam wurde der Plan erarbeitet, auch in Hannover eine eigenständige heraldische Vereinigung ins Leben zu rufen.

1870 kam es zunächst zur Gründung der heraldisch-genealogischen Gesellschaft „Adler“ in Wien. Aber im Jahr 1888 wurden dann auch in Hannover auf Initiative von Geheimrat Warnecke die Pläne zur Gründung eines eigenständigen heraldischen Vereins umgesetzt. Unterstützt von seinem Freund Warnecke bereitete der Bildhauer und Heraldiker Heinrich Ahrens zusammen mit Dr. Hermann Grote, dem bekannten Genealogen und Konservator des Königlich Hannoverschen Münzkabinetts, die Gründung einer heraldischen Arbeitsgemeinschaft vor.

 

Gründung des Vereins am 4. Dezember 1888

Nach intensiver Vorbereitung unternahm Ahrens den entscheidenden Schritt und gründete am 4. Dezember 1888 mit sieben weiteren Heraldikern bzw. geschichts- und kunstbegeisterten Handwerkern und Künstlern in Hannover einen eigenen heraldischen Verein.

Geheimrat Warnecke besuchte den Verein schon bald nach seiner Gründung im heimischen Hannover und empfahl selber in Anlehnung an mittelalterliche Bezeichnungen sowie auch ausdrücklich in Anspielung auf das vielfach als Kleeblatt gedeutete Stadtwappen den Namen „ZUM KLEEBLATT“. Aus Traditionsgründen wurde dieser Name bis heute beibehalten.


Sonnenuhr an der Marktkirche zu Hannover mit dem historisch als Kleeblatt
gedeuteten Gemerke der Stadt (Foto: Sandra Müller-Bruns, 2011)

Kurz nach der Gründung des Vereins "Zum Kleeblatt“ folgte 1891 die Gründung der Schweizerischen Heraldischen Gesellschaft.

Bereits nach der Gründung stieg die Mitgliederzahl beim „Kleeblatt“ stark an, so dass schon in den ersten Jahren ein repräsentativer heraldischer Verein seine Aufgaben im Land wahrnehmen konnte. Tragende Säulen der Heraldik wie Geheimrat Friedrich Warnecke, Dr. Hermann Grote, Adolf Matthias Hildebrandt und Prof. Hugo Gerard Ströhl traten dem Verein bei.

Neben dem Kreis aus Gelehrten, Beamten und Offizieren wurde der Verein hauptsächlich von Praktikern belebt, von Heraldikern, Architekten, Bildhauern, Malern, Restauratoren, Graveuren, Lithografen, Fotografen, die sich – oft unter persönlichen Opfern und nicht selten im Kampf gegen Unverständnis ihrer Auftraggeber oder gegen Anfeindungen – um eine von zeitbedingten Schlacken befreite Wappenkunst in der Öffentlichkeit bemühten. Dies hat den Verein nachhaltig geprägt.

Als immens wird die Resonanz in den weiteren Jahren geschildert. 1893 zählte der Verein bereits über 150 Mitglieder. Gelehrte Größen ihrer Zeit glänzten mit Fachvorträgen, die weit über die Landesgrenzen hinaus beachtet wurden. So hatten bereits früh auch 79 Städte um Auskünfte über ihre Wappen gebeten. Aus der Bearbeitung der Anfragen ergab sich so viel Material, dass der Vorsitzende bereits 1891 die Herausgabe eines Wappenbuches der Städte in der Provinz Hannover vorbereitete. Ab 1890 wurden dann die „Heraldischen Mitteilungen“ herausgegeben.

In den Folgejahren vollzog sich die Entwicklung des kräftig gewachsenen Vereins weiter in glänzenden Bahnen. Zur großen Ausstellung im Provinzialmuseum 1898 liehen auch der Herzog vom Cumberland (Ernst August II. von Hannover, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg) und Prinz Albrecht von Preußen heraldisches Material.

Das 25jährige Bestehen wurde 1914 – kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs – von Februar bis März mit einer landesweit beachteten heraldischen Ausstellung in der Halle des Gewerbevereins von Hannover festlich begangen.

Bei dieser Gelegenheit erfuhr das Vereinswappen (grünes Kleeblatt auf goldenem Grund) eine Vermehrung durch einen goldenen Heroldstab in rotem Schildhaupt, Helm mit grün-gold-rotem Helmwulst, grün-goldene und rot-goldene Helmdecken sowie als Helmzier einen wachsenden roten Löwen mit goldenem Heroldsstab zwischen den Pranken. Die Farben des Heraldischen Vereins sind seitdem Grün-Gold-Rot.

 

1918 – Abschaffung der Heroldsämter

Der Erste Weltkrieg, die Inflation und die Weltwirtschaftskrise stürzten auch die Vereine in Hannover in tiefe Krisen.

Doch immer wieder fand der Heraldische Verein „ZUM KLEEBLATT“ Mitglieder, die sich für die Wappenkunde interessierten und ihr Fachwissen weitertrugen. Mithin zählte der Verein schon 1928 wieder viele Mitglieder. Ab 1929 erfolgten die Veröffentlichungen des Vereins in den „Hannoverschen Geschichtsblättern“.

Mit der Abschaffung der Heroldsämter als Adelsbehörden in den deutschen Bundesstaaten verschwand dann in den Jahren 1918 bis 1920 der letzte staatliche Einfluss auf die private Wappenführung. In einigen ausländischen Staaten bestehen aber noch heute staatliche Einrichtungen, die für die Ordnung des Wappenwesens zuständig sind. In Deutschland wurde die Pflege der Familienheraldik seitdem verstärkt durch die heraldischen Vereine in ehrenamtlicher Arbeit wahrgenommen. Eine Art amtliche Tätigkeit ist hiermit nicht verbunden. In den von der deutschen Heraldik beeinflussten Ländern gab es jedoch nie ein zentrales „Hauptwappenregister“ – zumindest soweit es bürgerliche Wappen betrifft. Wappensammlungen geben daher immer nur einen Teil der früher oder heute existierenden Wappen wieder.

Die fortgeführte Arbeit der Wappenrolle des Vereins brachte zudem wieder verstärkte Aktivitäten und Veröffentlichungen. Bereits in der Zeit ab 1906/1910 war für den Verein ein prachtvolles Stammbuch angelegt worden, in das alle Familienwappen der Mitglieder aufgenommen werden sollten. Die Mitglieder konnten ihre Wappen auf Antrag einzeichnen lassen. Hatte der Fachverein damit zunächst nur für seine Mitglieder eine Wappensammlung angelegt, so war durch die Wandlung zur vereinsübergreifenden Familienwappenrolle für die Registrierung des eigenen Familienwappens eine Vereinsmitgliedschaft nicht mehr erforderlich. Später sollte sie als Niedersächsische Wappenrolle (NWR) weit bekannt werden.


Die Niedersächsische Wappenrolle (NWR) hat heute vornehmlich die Aufgabe der Registrierung und Dokumentation von gestifteten Wappen, für die neben einer gleichartigen Darstellung von Farbtönen auch eine nicht allzu beliebige künstlerische Darstellung von Wappen im Stil verschiedenster Epochen gefordert wird. Dies ist ein deutlicher Gegensatz zu reinen „Wappensammlungen“, die u.U. genau dieses Ziel (Dokumentation der Wappenführung in verschiedenen Stilrichtungen) verfolgen. In der Anfangszeit hatte die NWR - im Gegensatz zu heute - zudem den Charakter einer Wappensammlung, bei der eher die künstlerische Vielfalt der Wappenstile im Vordergrund stand. Daher wurden in der Frühzeit der NWR auch einige Wappendarstellungen mit anderen Helmformen als den Stechhelm bei bürgerlichen Familienwappen eingetragen und veröffentlicht. Dies ist ein Ausdruck einer damaligen anderen Eintragungspraxis. Diese Besonderheit rechtfertigt für heutige Antragsteller jedoch keine Ausnahme von den geltenden Regeln (siehe unter "Wappenrolle").

Zurück zur Vereinsgeschichte: In den Jahren nach der Inflationszeit stieg das Interesse für das Wappenwesen allgemein wieder und führte in Hannover zu einem intensivierten Vereinsleben. Bekannte Heraldiker wie Otto Hupp und Dr. Ottfried Neubecker wurden Mitglieder. Im Jahr 1938, als die Mitglieder um den weiteren Bestand des Vereins bangen mussten, da er „eingegliedert“ werden sollte, übernahm der Architekt Heinrich Giesecke den Vorsitz in schwieriger Situation. Es gelang ihm, dem Verein über das 50jährige Bestehen hinaus die ungeschmälerte Freiheit zu erhalten.

 

Vernichtung der heraldischen Vereinsbibliothek im Zweiten Weltkrieg und Jahre des Wiederaufbaus

Während des Zweiten Weltkriegs wurde zusammen mit dem Stadtarchiv Hannover auch die umfangreiche Vereinsbibliothek vernichtet. Durch den Einsatz vieler Mitglieder konnte aber in der Nachkriegszeit wieder ein umfangreiches Archiv aufgebaut werden. Die seit der Amtszeit von Dr. Friedrich Leonhardt als Vorsitzender des Vereins und zugleich Direktor des Stadtarchivs in Hannover bestehende fachliche Verbundenheit bestand jedoch fort. So kann der Verein auch heute das in seinem Eigentum befindliche Vereinsarchiv im Stadtarchiv Hannover einstellen.

Als mit der Bildung des Landes Niedersachsen Flagge und Wappen für ein neues Land geschaffen werden sollten, fanden sich die Mitglieder wieder zur gemeinsamen heraldischen Arbeit zusammen. Die heraldische Gestaltung des Landeswappens wurde dem Heraldiker und verdienten Vereinsmitglied Gustav Völker übertragen, dessen Entwurf mit starker Mehrheit angenommen wurde. Viele Gemeinden im norddeutschen Raum wurden mit Ortswappen versorgt, Entwürfe zur Niedersachsenflagge und zu den Landesflaggen der anderen Bundesländer gefertigt.

Der Verein beschäftigt sich seitdem besonders mit der Familien- und der Kommunalheraldik im gesamten Bundesgebiet. Zahlreiche bekannte Heraldiker traten ihm in der Folgezeit bei. Tagungsort wurde für viele Jahre das Künstlerhaus in Hannover. Es wurden die „Neuen Heraldischen Mitteilungen“ (= Jahrbücher) herausgeben. Später folgte das KLEEBLATT, eine mehrfach im Jahr erscheinende (Vereins-) Zeitschrift für Heraldik und verwandte Wissenschaften.

 

1988 – 100 Jahre Heraldischer Verein

Zu seinem hundertjährigen Jubiläum 1988 stand der Heraldische Verein „ZUM KLEEBLATT“ wiederum in einer Blütezeit. Nach einer großen Festveranstaltung im Rathaus von Hannover mit Grußworten der Landesregierung, der Landeshauptstadt sowie vieler befreundeter heraldischer und genealogischer Vereine folgten mehrere Ausstellungen und Vorträge. Der Führer der Niedersächsischen Wappenrolle (NWR), Horst-Gunter Ratzke, schuf 1996 mit der ersten Gesamtausgabe der Niedersächsischen Wappenrolle ein für die Vereinsarbeit grundlegendes Werk.


Gedenkmünze 1988

Am Ende des 20. Jahrhunderts sollte auch das durch die heraldischen Vereine geprägte Wappenwesen seinen Weg in das Internet finden: Durch den langjährigen Heraldiker Dieter Müller-Bruns wurde die Internet-Präsenz des Vereins www.zum-kleeblatt.de geschaffen. Ergänzend gibt es die von ihm geschaffene Homepage www.wappenkunde-niedersachsen.de des Arbeitskreises ehrenamtlicher Heraldiker im Verein, welche seit Jahren einen Leitfaden für einen Streifzug durch die Welt der Wappenkunde, der Wappenkunst und besonders des Wappenrechts vermittelt. Zur Verbreitung von vereinsinternen Informationen gestaltete Hans-Peter Dege in den folgenden Jahren einen ebenfalls umfangreichen sogenannten Internen Bereich, der ausschließlich durch die Vereinsmitglieder aufrufbar ist.

 

Zusammenarbeit mit anderen heraldischen Einrichtungen

Gemeinsame Ziele und langjährige Erfahrungen in der Pflege guter und seriöser Heraldik waren in den letzten Jahren immer wieder Anlass für gegenseitige Besuche der Mitglieder und Vorstände der heraldischen Vereine „Zum Kleeblatt“ zu Hannover und „Herold“ zu Berlin.

So reichten sich anlässlich des Genealogentages 2005 in Hannover nach einer Aussprache und der Präsentation ihrer heraldischen Vereine der Vorsitzende des „Herold“, Prof. Dr. Heinrich Freiherr von Lersner, und der Repräsentant des Vereins „ZUM KLEEBLATT“, der Jurist und Heraldiker Dieter Müller-Bruns, für eine weitere gute Zusammenarbeit symbolisch die Hände. Auf deren Initiative sowie auch von Dr. Ulrich Bornitz kam es zu einem in der Fachwelt beachteten Aufleben der Zusammenarbeit und des herzlichen Austausches zwischen den beiden Vereinen. Der Verein „ZUM KLEEBLATT“ zu Hannover und der Verein „Herold“ zu Berlin sind nicht nur die ältesten noch bestehenden heraldischen Vereinigungen in Deutschland, sie sind sogar „Geschwister“, denn eigentlich haben sie den selben geistigen Vater, Geheimrat Friedrich Warnecke. Beide führen anerkannte und überregional tätige Wappenrollen, die Deutsche Wappenrolle und die Niedersächsische Wappenrolle. Sie stehen dabei nicht in irgendeiner Konkurrenz zueinander. Beide Vereine verbindet vielmehr eine geistige Verwandtschaft und auch traditionelle Zusammenarbeit. In den folgenden Jahren wurde die Förderung der Kontakte u. a. durch den Publizisten und Heraldiker Dr. Arnold Rabbow fortgesetzt. Bis heute finden regelmäßig auch gemeinsame Veranstaltungen statt.

Der Genealogentag 2006 in Wien bot die Gelegenheit, auch die alten traditionellen Beziehungen zwischen der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft „Adler“ (Wien) und dem fast ebenso alten Verein „Zum Kleeblatt“ ins Bewusstsein zu rücken. Der Präsident des „Adler“, Hofrat Dr. Georg Kugler, betonte seine Freude über die in Wien gewonnenen persönlichen Kontakte und wünschte den Vereinen eine fruchtbare gemeinsame Zukunft.

Ebenso herzliche Wünsche erreichten den Verein 2008 zum 120. Stiftungsfest von der Schweizerischen Heraldischen Gesellschaft.

Daneben unterhält der Verein freundschaftliche Kontakte zu vielen anderen Einrichtungen. Als Beispiele hierfür sollen an dieser Stelle einmal nur die Vereine „Schwarzer Löwe“ (Leipzig), „Der Wappen-Löwe“ (München), „Die Maus“ (Bremen) oder der Niedersächsische Landesverein für Familienkunde (Hannover) genannt werden.

 

Heute

Der überregional tätige Heraldische Verein „ZUM KLEEBLATT“ zählt heute Mitglieder und Freunde im In- und Ausland. Wissenschaftlich anerkannt, in der Fachwelt respektiert und im Kampf gegen Wappenschwindler konnte sich der Verein immer eine persönliche Note bewahren. Die Ideen und der Einsatz vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter haben in den Jahren seit seiner Gründung dazu beigetragen. Deutlich wird dies auch daran, dass die regelmäßig erscheinenden Veröffentlichungen einen großen Leserkreis haben. Reges Interesse besteht – quer durch alle Altersgruppen – an den angebotenen Exkursionen. Zudem wurde die Vortrags- und Fortbildungsveranstaltung HERALDIK PUR – Tag der Wappenkunde eingeführt. Sie findet regelmäßig im „Lister Turm“ in Hannover statt.


Veranstaltungs- und Tagungsort der Heraldiker: Lister Turm, Hannover
(Foto: Sandra Müller-Bruns, 2008)

Nachdem der Niedersächsische Landesverein für Familienforschung Anfang 2013 mit seiner Spezialbibliothek in die Rückertstraße 1 in Hannover umgezogen war, bot sich die Gelegenheit zu einer räumlichen Kooperation mit dem Verein „ZUM KLEEBLATT“. Auf Initiative des Vorsitzenden Hans-Peter Dege konnte damit ein Teil der bisher im Stadtarchiv untergebrachten Bücher des Vereins wieder für Mitglieder und sonstige Besucher der Spezialbibliothek zugänglich gemacht werden.


Bibliothek des Heraldischen Vereins in Hannover
(Foto: Peter Dege, 2013)

Rechtzeitig zum 125jährigen Jubiläum erfolgte auch die zweite Ausgabe der NWR-Gesamtausgabe. Von Dr. Volkmar Tönnies neu zusammengestellt erschien diese im November 2013 in Form eines gebundenen Wappenbuches mit durchgehend farbigen Wappenbildern unter dem Titel „Niedersächsische Wappenrolle – Gesamtausgabe 1910-2012“. Die Wappenrolle ist ein historisches Dokument mit den über sehr viele Jahre erfolgten Wappeneintragungen unterschiedlicher Wappenausschüsse.

 

Ämter und Ehrungen 1888 bis heute

Eine Liste der Ehrenvorsitzenden, Vereinsämter, Ehrenmitglieder und Ehrungen finden Sie hier.